Wie schmeckt ein Wein, der seit fast 1700 Jahren verschlossen ist? Diese Frage stellt sich zwangsläufig, wenn man über die sogenannte „Speyerer Weinflasche“ spricht – die älteste ungeöffnete Flasche Wein der Welt. Sie stammt aus der Römerzeit und ist ein faszinierendes Zeugnis antiker Archäologie und Weinkultur.
Ein Fund mit Geschichte
Die legendäre Flasche wurde 1867 in einem römischen Grab bei Speyer entdeckt – gemeinsam mit zwei Sarkophagen, die vermutlich einem römischen Legionär und seiner Frau gehörten. Zwischen den Grabbeigaben fanden Archäologen einen Glasbehälter mit zwei Henkeln in Form von Delfinen, versiegelt mit einer dicken Wachsschicht und einer Mischung aus Olivenöl und Wachs, die das Innere über Jahrhunderte vor Oxidation schützte.
Die Flasche ist rund 1,5 Liter groß, besteht aus blassgelbem Glas und stammt schätzungsweise aus dem 4. Jahrhundert nach Christus. Damit ist sie etwa 1650 Jahre alt. Die alten Römer hatten also auch schon eine Vorliebe für Magnums.
Was ist da eigentlich drin?
Der Inhalt ist trüb und bräunlich – kaum mit dem zu vergleichen, was wir heute als Wein bezeichnen würden. Analysen zeigen: Es handelt sich tatsächlich um einen alkoholischen Traubenwein, vermutlich mit Kräutern oder Harzen versetzt, wie es damals üblich war. Die Mischung aus Öl, Wein und Wachs wirkte wie ein antikes Konservierungsmittel.
Trotzdem ist sich die Wissenschaft einig: Trinken sollte man diesen Wein besser nicht. Zwar ist keine schädliche Zersetzung sichtbar, aber Geschmack, Alkoholgehalt und Aromen sind längst verschwunden.
Wo ist sie heute?
Die Flasche ist Teil der Dauerausstellung im Historischen Museum der Pfalz in Speyer. Die Flasche wurde nie geöffnet, zu groß wäre das Risiko, einen einzigartigen Fund für immer zu verlieren. Stattdessen bleibt sie als Zeugnis römischer Weinkultur der Öffentlichkeit zugänglich.
Warum fasziniert uns diese Flasche so sehr?
Wein ist mehr als ein Getränk – er ist Kultur, Geschichte, Handwerk und Leidenschaft in flüssiger Form. Die Speyerer Weinflasche erzählt nicht nur vom römischen Alltag und ihren Begräbnisritualen, sondern auch vom frühen Bemühen, Genuss für die Ewigkeit zu bewahren.
In einer Welt, in der gereifte Weine heute als Luxus gelten, erinnert uns diese Flasche daran, dass der Wunsch nach Haltbarkeit, Qualität und Besonderheit kein modernes Phänomen ist – sondern tief in unserer Kultur verwurzelt ist.