Geografische Lage
Aÿ (heute Verwaltungsgemeinde Aÿ-Champagne) liegt im Département Marne in der historischen Weinregion Champagne. Der Ort schließt östlich an Épernay an, liegt am rechten Ufer der Marne und am südlichen Abhang der Montagne de Reims. Die Weinberge ziehen sich auf gut exponierten Hängen in südlicher bis südöstlicher Ausrichtung über etwa 80 bis 250 Meter Höhe. Aÿ ist als Grand-Cru-Gemeinde klassifiziert.
Klima und Böden
Das Klima ist kühl-gemäßigt mit ozeanischen Einflüssen: vergleichsweise lange Vegetationsperiode, moderate Niederschläge (im langjährigen Mittel rund 650–700 mm/Jahr), häufige Frühjahrsfröste und wechselhafte Sommer. Die Marne wirkt leicht temperaturausgleichend, während Hanglage und Exposition das Ausreifen der Trauben begünstigen und Frostrisiken mindern.
Untergründe bestehen vorwiegend aus kreidehaltigem Kalk (Campanium) mit dünnen, gut drainierenden Auflagen aus Lehm und Mergel. Die Kreide speichert Wasser, sorgt für Drainage und unterstützt eine ausgeprägte Säurestruktur in den Weinen.
Auswirkungen auf den Weinbau und Weincharakter
Die Kombination aus kühlem Klima, südlicher Hangexposition und Kreideböden führt zu Trauben mit hoher aromatischer Präzision, stabiler Säure und guter phenolischer Reife, insbesondere bei Pinot Noir. In kühleren Jahren steht Frische im Vordergrund; wärmere Jahrgänge ermöglichen zusätzliche Reife und Fülle, ohne die für die Champagne typische Säurespannung zu verlieren.
Aus Aÿ stammende Grundweine zeigen bei Pinot-Noir-Anteil häufig rote Fruchtaromen, Struktur und Tiefgang. In der Flaschengärung ergeben sich daraus Champagner mit ausgeprägter Struktur und Eignung für längere Reife. Neben Schaumwein werden in geeigneten Lagen auch stille Weine (Coteaux Champenois) erzeugt; diese zeigen bei Pinot Noir typischerweise feste Tanninstruktur und klare Frucht. Aussagen zur Stilistik beruhen auf der weiten Verbreitung des Pinot Noir und der langjährigen Praxis im Grand-Cru-Kontext.
Rebsorten
In Aÿ dominiert Pinot Noir. Daneben sind Chardonnay und Meunier vertreten. Der Schwerpunkt auf Pinot Noir spiegelt die Eignung der warmen, südexponierten Hänge und der kalkreichen Böden wider. Konkrete Flächenanteile variieren je nach Lage und Betrieb, der Pinot-Noir-Anteil ist jedoch deutlich überwiegend.
Historische Notizen
Der Weinbau ist seit langer Zeit belegt; im Mittelalter trugen kirchliche Institutionen der Umgebung zur Entwicklung bei. Aÿ genoss in der Frühen Neuzeit einen besonderen Ruf für seine Weine, bevor der durch Flaschengärung entstandene Champagner die Region prägte. Im 19. Jahrhundert siedelten sich bedeutende Champagnerhäuser in und um Aÿ an. Die Gemeinde war 1911 Schauplatz der Champagne-Unruhen im Zusammenhang mit Herkunfts- und Qualitätsfragen. 2015 wurden die historischen Weinbergshänge von Aÿ–Mareuil-sur-Aÿ zusammen mit weiteren Stätten als Teil der „Coteaux, Maisons et Caves de Champagne“ in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen.